Als Nachfolge für den Lancia Kappa sollten der Designchef Mike Robinson und sein Team vom Centro Stile Fiat eine originelle und innovative Limousine für den Oberklassen-Sektor designen. Das Ergebnis war ein Technologie- und Design-Konzept als Hommage an die damals fast hundertjährige Geschichte der innovativen Edelfabrik und stellte der Einzigartigkeit legendärer Lancia Modelle ein Pendant der Neuzeit gegenüber. Dieses Konzeptfahrzeug namens Dialogos wurde auf dem Turiner Autosalon 1998 vorgestellt und tatsächlich erinnerte die Frontpartie an die Lancias der 1950er-Jahre. Auch das Fehlen der Mittelsäule und der sich gegenläufig öffnenden Türen fanden ihren Ursprung bei den Lancia-Limousinen der 1950er-Jahre.
Der Dialogos blieb zwar nur ein Konzept, dennoch feierte 2001 auf dem Automobil-salon in Genf eine Lancia Limousine ihr Debüt, die unübersehbar auf der Studie des Lancia Dialogos basierte. Dieses fahrbare Resultat erhielt den Namen Thesis.
Sie sollte mit ihrem Design eine Brücke zwischen dem 20. und 21. Jahrhundert schlagen und das große Erbe der für Lancia typischen Kreativität und Umsetzungsvermögen wieder neu verkörpern. Ein Erbe, aus dem Fahrzeuge hervorgegangen sind, die Automobilgeschichte geschrieben haben. Wie die Lambda, die erstmals auf der Welt mit einer selbsttragenden Karosserie und Einzelradaufhängungen an der Vorderachse ausgestattet war. Oder die Aprilia, die Anfang der Dreißigerjahre einen cw-Wert von 0,47 vorwies, als der Durchschnittswert ihrer Zeitgenossen noch bei 0,60 lag. Die Aurelia, die Ikone des Stylings der 1950er-Jahre, unter deren Motorhaube sich der erste Sechszylinder mit einem schmalen Zylinderwinkel verbarg, der jemals an einem Serienfahrzeug montiert wurde. Oder auch die Flavia, die erste Lancia mit Frontantrieb und Scheibenbremsen an allen vier Rädern. Eine Ahnenreihe von Modellen, die sich aufgrund der Synthese zwischen technologischer Innovation und der Klasse eines unverwechselbaren elitären Lebensstils zu unterscheiden wissen. All das spiegelt sich in der neuen Lancia Limousine Thesis wider.
Hohe Aufmerksamkeit brachten die Designer „ihrem Gesicht“, also der Frontpartie entgegen: Ihr senkrecht schwimmender Kühlergrill mit den graphisch isolierten Scheinwerfergruppen, zwei mächtige Kotflügel, die sichtlich von der hohen Motorhaube getrennt sind, ihre rautenförmigen Scheinwerfer, die die Form der diagonal geschnittenen Kotflügel widerspiegeln, verchromt wie der Kühlergrill und der in den Wagenkörper integrierte Stoßfänger. Eben so viel Bedeutung widmete die Crew um Mike Robinson der Heckpartie, dem sogenannten „zweiten Gesicht“. Denn dies ist jenes Element des Wagens, das wohl am längsten betrachtet wird. Im fließenden Verkehr wie auf Autobahnen, in der Stadt oder auf der Landstraße. Wer hinterherfährt, sieht Rückleuchten und Kofferräume. In Anlehnung an die Lancia Astura entstanden elegant in die Kotflügel integriert, die filigransten und edelsten Rückleuchten unter den großen Limousinen der Welt. Wiederum Parallelen zur Aurelia stellt die sich leicht nach innen verjüngende Kofferraumpartie her. Obwohl dieser Bereich bei der Thesis wesentlich wuchtiger und höher ausgelegt wurde, zeigt Alt und Neu nebeneinander, dass beide ein unverwechselbares Lancia-Design verbinden. Diese optische Brücke zwischen den Jahrzehnten setzt sich bis in die hintere, verchromte Nummernschildeinfassung fort. Auffallend sind zudem die recht langen Türen der Limousine, die ein bequemes Ein- und Aussteigen garantieren dürfen. Ebenso die analog zum großen Radstand von 2,8 Meter recht lange Dachfläche sowie die große seitliche und in Chrom eingefasste Scheibenfläche. Den akzentuierten Einsatz von Chrom erbte die Thesis ebenfalls von Fahrzeugen wie der Aurelia.
Im Cockpit ist es den Designern gelungen, ein absolut eigenständiges Bild der Armaturen zu zeichnen. Dennoch lassen sich auch hier Ähnlichkeiten mit Aurelia und Flaminia finden: Große, runde, transparente und dreidimensionale Zifferblätter mit Zahlen, die im Raum zu schweben scheinen. Edelste Materialien kennzeichnen den Schalthebel, die Mittelkonsole und die Sitze: Leder, Holz und Magnesium vermitteln absolutes Oberklassenflair.
Motorisch gab es die Lancia Thesis bei Ihrem Debüt mit vier verschiedenen Triebwerken: einem 2,4 Liter-Sauger für den komfortbewussten Puristen, einem 3,0 Liter Sechszylinder für den souveränen Gleiter, einem Zweiliter-Turbo für den individuellen Sportler und einen 2,4-Liter Turbodiesel für den kostenbewussten Vielfahrer.
(Quelle: Lancia Thesis – Faszination einer leidenschaftlichen Marke, Heel Verlag 2002)
Zum 20. Jubiläum dieser einzigartigen Limousine trafen 33 Thesis im deutschen Geiselwind zusammen um ihren Geburtstag würdig zu feiern: