Im April 1951 schickte das Werk vier seiner neu eingeführten Aurelia B20 zur Mille Miglia. De Virgilio bemerkte, dass die B20s in den Farben Schwarz, Blau, Dunkelrot und Elfenbein variierten und im Wesentlichen Serienautos waren, mit nur wenigen Modifikationen, und zwar spezieller Sitze und einer Nardi-Ansaugbrücke für den Einbau eines zweiten Vergasers. Die Autos verließen gemeinsam das Werk und fuhren zusammen nach Brescia zum Start des Rennens.
Sie schlossen sich anderen Aurelias in der 2-Liter-Klasse an, sodass insgesamt 19 Lancia am Rennen teilnahmen. Um die Rolle des Unternehmens inoffiziell zu halten, befanden sich die B20 im Besitz der Fahrer. Das Renndebüt war ein Erfolg: Mit Giovanni Bracco am Steuer und Umberto Maglioli als Navigator erreichte ihr Auto einen erstaunlichen zweiten Gesamtrang. Auch wenn sie nur über einen 2-Liter-Motor verfügte, blieb die B20 dem 340 PS starken, 4,1 Liter Ferrari von Luigi „Gigi“ Villoresis auf den Fersen. Ippocampo und Valenzano beendeten das Rennen auf den Plätzen fünf und sieben, was zusammen mit Bracco eine starke Leistung für die drei B20 darstellte. „Von all meinen Rennen war es dieses, die Mille Miglia mit der Aurelia, das mir die größte Genugtuung bereitete.“ -Giovanni Barco, Rivista Lancia Nr. 13 (1964)
Von den Erfolgen bei der Mille Miglia und dem Giro di Toscana hatte Gianni Lancia genügend Selbstvertrauen, um ein Auto zu den 24 Stunden von Le Mans zu schicken. Lancia nutzte die Meldung des Grafen Giovanni Lurani, der ein Jahr zuvor unter dem Namen Scuderia Ambrosiana von Mailand eine Meldung eingereicht hatte. Nach der Anmeldung kümmerte sich De Virgilio um die unzähligen Details. In seiner Funktion als Teammanager legte De Virgilio die Teile und Materialien fest, die zum Rennen mitgebracht werden sollten, bereitete das Budget vor und erfasste die Ausgaben. Wie später auf der AISA-Konferenz in Erinnerung gerufen wurde, schlug er Gianni vor, die Farbe des Wagens zu ändern: „Wir fahren zu einem internationalen Wettbewerb, deshalb müssen wir mit einem roten Auto fahren“. Einige Jahre später erinnerte Sergio Pininfarina daran, dass nur ein einziger roter Anstrich über dem schwarzen Lack angebracht wurde, um das Gewicht nicht zu erhöhen. Das daraus resultierende Dunkelrot war eine Farbe, die niemandem, auch nicht De Virgilio, gefiel. Sie kamen am Abend in Le Mans an und hatten Zeit, die letzten Vorbereitungen für das Rennen zu treffen, das drei Tage später begann. De Virgilio notierte in seinem Tagebuch: „Bei dem Rennen vom 23. bis 24. Juni zeigte das Auto eine recht gute Leistung, es lief während der 24 Stunden durchschnittlich 82 Meilen pro Stunde. Unser Auto belegte den 1. Platz in seiner Klasse (2000cm³), den 12. Gesamtrang und den 15. absoluten Platz durch „Leistung“. Wir haben während der 24 Stunden keine Teile oder Reifen gewechselt.“ Das durchwegs leise laufende Auto von Bracco und Lurani hinterließ einen starken Eindruck. De Virgilio erinnerte sich, dass Briggs Cunningham, ein bekannter amerikanischer Rennfahrer und Hersteller von Chrysler-Rennwagen unter seinem eigenen Namen in diesem Jahr in Le Mans an den Start ging. Cunningham war vom Lancia fasziniert und kam nach dem Ende des Rennens, um den Wagen zu inspizieren. Da sein Motorraum noch immer bemerkenswert sauber war, fragte Cunningham Lurani (De Virgilio sprach kein Englisch): „Haben Sie den Motor bereits gereinigt?“ Daraufhin lachte das um das Auto versammelte Lancia-Team. Cunningham versuchte dann, das Auto zu kaufen. De Virgilio schlug vor, die Fabrik zu besuchen, und im Juli kam er nach Turin. De Virgilio machte ihn mit Gianni bekannt, und Cunningham kaufte eine B20 und einen Ersatztriebwagen, der nach Amerika verschifft wurde. Sein Auto war die erste B20, die in den Vereinigten Staaten ankam.
Die bescheidene B20 hatte als flinke „Riesenkillerin“ neue Statur gefunden. Sie wurde zu einem Wunder der italienischen Automobilwelt, und die Presse lobte die B20 als ein Auto, mit dem man tagsüber Rennen fahren und nachts ins Theater fahren konnte. Sogar „Auto Course“ machte mit und ernannte das Jahr 1951 zum “ Jahr der Aurelia“.
(Quelle Text + Bild: Goldberg, Lancia and De Virgilio, 9781935007258, David Bull Publishing)