Ob Limousine oder Coupé, Diva oder Sportwagen … erblickte eine Lancia das Licht der Welt, zog es sie sogleich auf die Motorsportbühne. Und wie bekannt, bislang ungemein erfolgreich. Als im November 1972 in Turin die Beta Berlina präsentiert wurde, war es überhaupt nicht abwegig, sie wenig später am Start diverser Rallyes zu sehen:
- 12.04.-14.04.1973 – 6. Rally dell’Isola d’Elba: #24 Francesco Svizzero / Lo Basso – Jolly Club – DNF
- 30.08.-01.09.1973 – 10. Rally Intern. di San Martino di Castrozza: #116 Giancarlo Biasuzzi – DNS
- 10.10.-13.10.1973 – 15. Rallye San Remo: #24 Maurizio Ambrogetti / Angelo Torriani – DNF
- 10.10.-13.10.1973 – 15. Rallye San Remo: #90 Italo Carnino / Marenco – Platz 24
- 28.12.-30.12.1973 – 5. Rallye du Bandama: #39 Arnaldo Cavallari / Carlo Cavicchi – DNF
Arnaldo Cavallari und die Rallye du Bandama:
Der Drang, dabei zu sein, entstand, als er in einer französischen Zeitung las, dass es bei der Rallye du Bandama 1972 niemand bis ins Ziel geschafft hatte. Alle waren da, Autos wie Peugeot, Citroën, Datsun, Renault und Fahrer wie Metha, Neyret, Mikkola, Fall, Nicolas, das waren nicht irgendwelche. „Das ist nicht möglich“, sagte Cavallari und beschloss 1973 an der Bandama teilzunehmen. Es war die fünfte Auflage mit Abreise aus Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, am 27. Dezember. Viertausend Kilometer mussten bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern zurückgelegt werden. Straßen und Strecken, die keine 50 Stundenkilometer ausgehalten hätten. Cavallari bat Cesare Fiorio, den Teamchef von Lancia, um ein Auto. Der Arzt hatte es auf die Beta abgesehen, eine Limousine mit Vorderradantrieb. Navigator war Carlo Cavicchi, Rallye-Journalist Nummer eins und Korrespondent von Autosprint. Das Auto hingegen hatte ein unentdecktes Potenzial. Es wurde an den schwächsten Stellen des Fahrgestells verstärkt und mit Tierschutzgitter und zwei großen Cibiés-Nebelscheinwerfer ausgestattet. Auf der weißen Motorhaube wurden die Trikolore und die große Aufschrift „Italia“ platziert. Die Rallye Bandama, benannt nach dem wichtigsten Fluss der Elfenbeinküste, war für sie sofort eine Herausforderung. Die ständigen Bodenwellen und die Rauheit der Savanne strapazierten Federung und Stoßdämpfer. Diese waren nach dem x-ten Sprung buchstäblich explodiert. Damit endete Arnaldo Cavallaris erstes afrikanisches Abenteuer. (Auszug aus: Beppe Donazzan, Dakar. L’inferno nel Sahara, Giorgio Nada Editore)
Auch wenn die Beta Gefallen am Rallyegeschehen gefunden hatte, bewähren konnte sie sich nicht. Das war jedoch nicht schlimm, denn schon 1974 fand sie ihre wahre Bestimmung: Sie schlüpfte in die Rolle des Service- und Begleitfahrzeugs für Lancia Stratos und Beta Coupé. Und das mit Erfolg. Sie erlebte beachtliche Siege ihrer Schützlinge, trug Kleider von Alitalia und Marlboro und von 1977 bis 1982 auch die Kriegsbemalung des Chardonnet – Teams.
Heute ist die Beta Berlina in Vergessenheit geraten, viele Exemplare haben die Zeit nicht überlebt. Ein Grund mehr, ihr 50-jähriges Jubiläum im Mai 2022 auf der Oldtimermesse in Tulln zu feiern.